Neue Entdeckungen zu den Gladiatorenspielen im römischen Carnuntum

Panem et circenses - Brot und Spiele

Die Forscher des Ludwig Boltzmann Instituts für archäologische Prospektion und virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) und der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) haben nach der Entdeckung der Gladiatorenschule 2011 nun auch das gesamte Stadtgebiet von Carnuntum östlich von Wien im Auftrag des Landes Niederösterreich mit Bodenradar durchleuchtet. Neben dem Amphitheater haben die Wissenschaftler einen ganzen Stadtbezirk mit Bäckereien, Tavernen und Geschäften - die wesentliche Infrastruktur für die Durchführung römischer Spektakel - ohne Ausgrabung sichtbar gemacht. Verborgen unter der späteren Stadtmauer spürte das Radarsystem die Überreste eines aus Holz gebauten Amphitheaters auf. Es lag am Kreuzungspunkt der Straße entlang des Donaulimes und der direkten Verbindung nach Rom, gleich neben einem Tempel für die Quadriviae (römische Weggottheiten). Damit kann der frühen Geschichte des römischen Carnuntum ein weiteres Kapitel hinzugefügt werden, welches die Bedeutung von Brot und Spielen auch am Rand des Römischen Reichs deutlich macht.



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Das Forschungsprojekt „ArchPro Carnuntum“

Archäologische Prospektion einer römischen Landschaft

Das Ziel des Projektes ArchPro Carnuntum ist es, durch den systematischen und großflächigen Einsatz zerstörungsfreier und nicht invasiver archäologischer Prospektionsmethoden die Grundlagen für ein nachhaltiges, wissensbasiertes Management der archäologischen Landschaft Carnuntum zu erarbeiten.

Das Ziel des Projektes ArchPro Carnuntum ist es, durch den systematischen und großflächigen Einsatz zerstörungsfreier und nicht invasiver archäologischer Prospektionsmethoden die Grundlagen für ein nachhaltiges, wissensbasiertes Management der archäologischen Landschaft Carnuntum zu erarbeiten.

Im Rahmen des von 2012 bis 2015 durchgeführten Forschungsprojektes "ArchPro Carnuntum" wurde unter Leitung des LBI ArchPro das römische Stadtgebiet von Carnuntum vollständig prospektiert. Das in seinem modernen Forschungsansatz und Dimension weltweit einzigartige Projekt wurde vom Land Niederösterreich hauptfinanziert und durch ein internationales Partnernetzwerk umgesetzt. Das LBI ArchPro entwickelte in Zusammenarbeit mit seinen Partnern ZAMG und Universität Wien effiziente Multi-Sensor-Systeme und entsprechende Datenerfassungs- und Datenverarbeitungssoftware für die großflächige archäologische Prospektion Carnuntums.

Zur Erkundung des antiken Stadtgebietes wurden großflächige geophysikalische Prospektionsmessungen mit modernster Ausrüstung durch die Projektpartner ZAMG Archeo Prospections® (A), Universität Gent (B) und Geocarta (F) durchgeführt.

Für die archäologischen Anwendungen wurden spezielle Messkonfigurationen und automatisierte motorisierte Systeme adaptiert, die im Laufe der letzten Jahre vom LBI ArchPro gemeinsam mit seinen internationalen Partnern entwickelt wurden. Mit diesen neuen Systemen ist eine effiziente flächenhafte, rasterförmige Erkundung mit Messpunktabständen im Dezimeterbereich in kurzer Zeit möglich. Nur diese kleinen Rasterweiten kombiniert mit der höchsten Genauigkeit der Messgeräte ermöglichen die Erkundung von archäologischen Feinstrukturen im Bereich von 10 bis 50 cm.

Zur systematischen archäologischen Prospektion des römischen Stadtgebiets wurde im Projektrahmen auf der Grundlage der Ergebnisse der luftbildarchäologischen Prospektion flächendeckend die magnetische Prospektion am Boden zum Einsatz gebracht. Das zentrale Stadtgebiet wurde zusätzlich durch hochauflösende Bodenradarmessungen erfasst. Das Bodenradar ermöglicht es, die im Boden verborgenen Strukturen durch den Einsatz elektromagnetischer Wellen dreidimensional abzubilden und detailliert zu untersuchen, um den durch die Luftbildarchäologie und Magnetik geschaffenen Überblick weiter zu verdichten. In ausgewählten Gebieten wurden Ergänzungsmessungen mit elektrischen und elektromagnetischen Methoden vorgenommen.

Das Forschungsprojekt zur Gesamtprospektion Carnuntums wurde mit den modernsten Geräten und Methoden durchgeführt und hat international Vorbildwirkung erlangt. Die genaue Kenntnis des archäologischen Erbes im Untergrund ist nicht nur für Forschung und Denkmalpflege, sondern auch für die Raumplanung, und damit die wirtschaftliche Entwicklung der Region Carnuntum, von großer Bedeutung.

Die Gesamtprospektion Carnuntums liefert eine umfassende Bestandsaufnahme der größten archäologischen Landschaft Österreichs als Grundlage für Raumplanung und Bodendenkmalpflege. Das direkte Ergebnis ist ein vollständiger Stadtplan der Überreste des römischen Carnuntums als Grundlage für virtuelle Rekonstruktionen und zukünftige archäologische Forschung, aber auch als Planungsgrundlage für nachhaltiges Kulturerbe-Management, Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit.

Das Forschungsprojekt ArchPro Carnuntum hat sowohl für den Erhalt und die wissenschaftliche Erforschung als auch für die wirtschaftliche Nutzung der größten archäologischen Zone Österreichs richtungsweisende Impulse gegeben. Darüber hinaus hat es die verschiedenen Anstrengungen und Herausforderungen der Zukunft an ein zeitgemäßes und nachhaltiges Management des einzigartigen Kulturerbes Carnuntum auf klare Zielsetzungen fokussiert.

Diese Online-Publikation stellt den Hintergrund und erste Ergebnisse eines international einzigartigen Prospektionsprojektes mit Vorbildcharakter dar.