Die Gladiatorenschule von Carnuntum

Entdeckt durch archäologische Prospektion

An Deutlichkeit der erfassten Baustrukturen ist die Gladiatorenschule von Carnuntum derzeit nur mit der großen Gladiatorenschule, dem LUDUS MAGNUS, hinter dem Kolosseum in Rom zu vergleichen. In seiner Vollständigkeit und Dimension ist dieser sensationelle archäologische Befund derzeit weltweit einzigartig.

Außerhalb der Zivilstadt von Carnuntum liegt das in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts gebaute Amphitheater, welches bis zu 13.000 Zuschauern Platz bot und in den Jahren 1923 bis 1930 ausgegraben wurde. Nach zeitgenössischen Inschriften war es das viertgrößte Amphitheater des gesamten römischen Reiches und Schauplatz zahlreicher Gladiatorenspiele. Trotz der Ausgrabungen fand das westlich des Theaters gelegene Areal, in dem nun die Gladiatorenschule entdeckt wurde, zuvor nur wenig Beachtung. Die Luftbilder zeigen entlang der Ostseite der römischen Straße, die aus der antiken Stadt zur Arena führte, mehrere Gebäude mit Verkaufsräumen und Tavernen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fehlt eine entsprechende Bebauung. Die Luftbildaufnahmen zeigen westlich des Amphitheaters eine deutliche Anomalie; Mauerstrukturen konnten hier jedoch erst im Frühling 2011 auch aus der Luft ausgemacht werden. Nachdem bereits Ende der 90er-Jahre erste geophysikalische Prospektionen des Areals durch ZAMG Archeo Prospections® interessante Gebäudereste aufzeigten, konnten 2010 bei der neuerlichen Untersuchung mithilfe eines hochauflösenden Bodenradarsystems (MALÅ Imaging Radar Array - MIRA) in nur wenigen Stunden Messeinsatz die Reste einer in ihrer Vollständigkeit und Größe international einzigartigen Gladiatorenschule detailliert erkundet werden. Aus den über 20 Gigabyte umfassenden Rohdaten wurden dreidimensionale Visualisierungen der im Untergrund verborgenen archäologischen Strukturen erstellt und innerhalb eines Geographischen Informationssystems in Kombination mit allen weiteren vorhandenen Daten in Zusammenarbeit mit dem RGZM archäologisch interpretiert. Basierend auf diesen Daten wurde eine virtuelle Rekonstruktion der zerstörungsfrei im Untergrund lokalisierten Strukturen erarbeitet.

Die Gladiatorenschule LUDUS von Carnuntum liegt in einer 11.000 m2 umfassenden Parzelle, die von einer Mauer umgeben ist und sich in Nordwest- Südost-Richtung erstreckt. An deren südlichem Ende, in ca. 80 m Entfernung zum nördlichen Eingang des Amphitheaters, liegt ein abgeschlossener Gebäudekomplex mit einem Ausmaß von 2800 m2. Die Gebäudeteile sind um einen großen Innenhof angelegt, in dem die Radarmessungen eine kreisrunde Trainingsarena mit einem Durchmesser von 19 m nachgewiesen haben. Die detaillierte archäologische Interpretation der Daten zeigt Fundamentreste der hölzernen Zuschauertribünen. Im Zentrum der Trainingsarena lässt sich sogar die Fundamentgrube für einen zentralen Pfosten, den PALUS, erkennen, an dem trainiert wurde. In den detailreichen Radarbildern lassen sich deutlich die Fundamente einer 100 m2 großen, beheizbaren Trainingshalle und einer nach Südwesten anschließenden ausgedehnten Badeanlage erkennen. Über ein repräsentatives Portal und einen überdachten Zugang erreichte man den Haupteingang, zu dessen linker und rechter Seite der 300 m2 umfassende Verwaltungstrakt bzw. der Wohnbereich des Besitzers LANISTA der Gladiatorenschule angeordnet waren. Zwei L-förmig angeordnete längliche Trakte beherbergten die durchschnittlich 5 m2 großen Wohnzellen der Gladiatoren. Aber auch die notwendige Infrastruktur wie Wasserleitungen, Fußbodenheizungen und Abwasserkanäle sowie Zugangswege zum Amphitheater, Portale oder die Fundamente von Gedenksteinen sind deutlich in den hochauflösenden Radardaten erkennbar. Direkt hinter der Gladiatorenschule liegt das zugehörige Gräberfeld mit einzelnen großen Grabmonumenten, steinernen Sarkophagen und verschiedenen einfacheren Grablegungen.


Die Garde des Statthalters — die castra singularium in Carnuntum

Im August 2014 wurde am westlichen Ortsrand von Bad Deutsch-Altenburg die unmittelbar an den Statthalterpalast angrenzenden Gardequartiere der Leibgarde des Statthalters identifiziert werden. Da sich die sogenannte castra singularium unmittelbar nach Westen an die Legionsphase befand, bildete sich der sogenannte castra singularium zu einem riesigen Gebäudekomplex, der das Verwaltungszentrum der römischen Provinz war. Eine massive Mauer schloss diese neu entdeckte Militärgarnison ein, die aus mehreren Kasernen für Soldaten, einem zentralen Verwaltungskomplex und Gebäuden bestand, die logistischen Zwecken gewidmet waren. Die Kombination des Gouverneurspalastes und der Garnison seiner Wache, in unmittelbarer Nähe der Legionärsfestung und des Campus, der militärischen Trainingsfläche der Legionäre, macht diese neue Entdeckung in der römischen Welt einzigartig.

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