Dreidimensionale Erkundung mit Multiantennen-Bodenradar
Durch die Radarmessungen lassen sich auch in römischer Zeit nicht verbaute Bereiche lokalisieren, welche für die zukünftige Siedlungsentwicklung des modernen Carnuntum von Bedeutung sind.
Die vom LBI ArchPro gemeinsam mit den internationalen Partnern neu entwickelten und zum Einsatz gebrachten Bodenradargeräte für die geophysikalische archäologische Prospektion sind höchst effizient bei der Auffindung archäologischer Überreste. Sie liefern dreidimensionale Bilder des Untergrunds bis in mehrere Meter Tiefe in ungeahnter Detailtreue. Das neue und international einzigartige Bodenradarsystem, das in Carnuntum zum Einsatz kommt, basiert auf einem MIRA-System von MALÅ Geoscience und ermöglicht die Messung von bis zu 5 ha pro Tag.
Die in einen breiten Behälter eingebauten 16 Antennen dieses speziellen Bodenradarsystems senden hochfrequente elektromagnetische Impulse in den Boden. Die Antennenbox ist am Hydrauliksystem eines Kleintraktors oder einem geländegängigen Spezialfahrzeug angebracht und wird direkt über der Bodenoberfläche in einem regelmäßigen Raster mit Geschwindigkeiten von bis zu 15 km/h über das Feld geführt. Die von den Senderantennen ausgesandten elektromagnetischen Wellen werden im Untergrund an Steinen, Mauern, Estrichböden oder den Grenzen von Erdschichten reflektiert. Die Empfängerantennen erfassen die reflektierten elektromagnetischen Wellen. Aufgrund der in Nanosekunden gemessenen Zeit, die vom Aussenden der elektromagnetischen Impulse bis zum Empfang der reflektierten Welle vergeht, kann auf die Tiefe der reflektierenden Strukturen im Boden rückgeschlossen werden. Der Untergrund wird von den in Carnuntum verwendeten 400-MHz-Antennen in Abhängigkeit der Bodenverhältnisse bis in eine Tiefe von 3 m mit einer Auflösung von 8×8×2 cm durchleuchtet. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei die ständige zentimetergenaue Positionierung des Messsystems mittels hochgenauen GPS.
Die in engem Raster erfassten Radardaten ergeben ein dreidimensionales Messergebnis, vergleichbar mit einem Computertomogramm. Das Abbild des Untergrundes in diesem Radardatenblock kann scheibchenweise oder mithilfe spezieller virtueller Werkzeuge dreidimensional von den Archäologen ohne einen einzigen Spatenstich erkundet werden. Aus den Messdaten lassen sich Gebäude bis in kleinste Details ableiten und die im Boden verborgenen Strukturen in 3D am Computer rekonstruieren. In den Radarbildern können Mauern, Türschwellen, Treppen, Fundamente von Säulen und Statuen, Wasserleitungen, Abwasserkanäle, Kellerräume, Wasserbecken, Fußbodenheizungen, Estrichböden, Sarkophage und vieles mehr deutlich erkannt werden. Sie bieten dem Archäologen einen Einblick in die Reste der versunkenen Römerstadt, wie er bisher nur über langjährige Ausgrabungen möglich war.