Systematische Erkundung aus der Luft
Die Luftbildarchäologie
Die Luftbildarchäologie zählt zu den ältesten archäologischen Prospektionsmethoden zur zerstörungsfreien Auffindung und Erkundung archäologischer Fundstellen und wird seit den 1960er-Jahren von der Universität Wien in Österreich betrieben.
Aus der Luft lassen sich archäologische Fundstellen erkennen, weil menschliche Tätigkeiten wie z. B. das Errichten von Häusern, das Bestatten der Toten oder das Befahren von Wegen Spuren im Boden hinterlassen haben. Diese Spuren können unter bestimmten Bedingungen an der Erdoberfläche sichtbar werden, indem sie sich auf das Wachstum der darüber angebauten Pflanzen auswirken. Oberhalb von mit feinerem und humosem Material gefüllten Gräben oder Gruben haben Pflanzen ein größeres Feuchte- und Nährstoffreservoir, wachsen höher, haben ein intensiveres Grün und reifen später. Über Mauern oder Wegen ist das Gegenteil der Fall. Den Wurzeln steht in diesen Fällen oft nur eine zu trockene, dünne Humusdecke zur Verfügung. Die Pflanzen haben daher einen kürzeren Wuchs, reifen früher oder verkümmern rasch. Aus der Luft lassen sich solche Merkmale im Bewuchs gut beobachten.
In Carnuntum wird bereits seit Langem luftbildarchäologisch gearbeitet, was mittlerweile zu einem Gesamtplan der Zivilstadt und der sogenannten canabae legionis rund um das Legionslager sowie ihrer Umgebung geführt hat. In den letzten Jahren konnten auch Teile des Hinterlandes systematisch prospektiert werden. Wir kennen in diesem Gebiet nun über 1400 Fundstellen.
Die Auswertung der zahlreichen Luftbildaufnahmen erfolgt unter Verwendung modernster Technologien. Zuerst müssen mithilfe digitaler photogrammetrischer Methoden die geometrischen Verzerrungen der Luftbilder korrigiert werden, die unter anderem durch den schrägen Aufnahmewinkel, die Höhenunterschiede am Boden oder die Objektivverzeichnung der Kamera entstehen. Die archäologische Interpretation der entzerrten und verorteten Luftbilder erfolgt anschließend in einem Geographischen Informationssystem in Form einer Kartierung der sichtbaren Gruben, Gräben, Mauern, Straßen, Grabgruben etc. und führt zu einem ersten Überblicksplan des römischen Stadtgebiets und der näheren Umgebung.